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Dankesbrief 2020

Liebe Freundinnen, liebe Freunde des ›Stern der Hoffnung‹,
verhexte Kinder? Gibt es das?

In Benin werden darüber viele Geschichten erzählt. Darin hängen die Zukunftschancen eines Kindes oft vom Tag der Geburt ab, von den Launen herumstreunender Tiere, von der Konstellation der Gestirne und vor allem von der körperlichen Widerstandsfähigkeit des Neugeborenen selbst. Ein Baby, das sich behindert zeigt, kann heute noch an einer Wegkreuzung abgelegt werden – in der vagen Hoffnung, dass Nomaden es finden werden, um es als späteres Hirtenkind mit sich zu führen.

Die Geschichten führen mich zurück in die eigene Kindheit. Im gebirgigen Oberwallis wurden behinderte Kinder oft versteckt, eingeschlossen, ja ausgesetzt. Die Gesellschaft beachtete sie nicht und die Schulen blieben ihnen verschlossen. Erst 1962 kümmerte sich der Kanton Wallis um die Einschulung von ›taub-stummen‹ Kindern. Allzu oft wurden die Eltern von Scham- und Schuldgefühlen niedergedrückt, wenn sie behinderte Kinder hatten. Doch so wie die Pädagogik und die Sozialarbeit sich jetzt in Europa um die Integration und Entwicklung dieser Kinder kümmern, sorgen sich Einzelne in Benin um die Kinder, die durch ihre feinen Beobachtungen zuhören und mit ihren Händen sprechen können.

Es gibt Gegenden in Benin, in denen gehörschwache Kinder tatsächlich gefährdet sind. Die unsichtbare Behinderung wirkt sich in der Kommunikation so massiv aus, dass verstörte Eltern an ihrem Kind verzweifeln. Warum sprichst du nicht? Da es in Benin noch keine Gehöruntersuchung für Babys gibt, liegt die Annahme nahe, ihr Kind sei stur, eigensinnig oder gar bösartig. Weder Zärtlichkeit noch Gewalt vermögen diese scheinbare Obsession des Kindes zu überwinden, so dass viele Eltern im Rahmen der traditionellen Vorstellungen annehmen, das stumme kleine Wesen werde von Dämonen beherrscht und müsse von den Gesunden ferngehalten werden.

André Kounasso ist ein unternehmungslustiger und mutiger Lehrer aus Benin. Er hat schon in jungen Jahren Gefallen an dieser Welt der sogenannten Taubstummen gefunden, weil er früh erkannte, dass diese Kinder sehr wohl ›hören‹ und exzellent ›sprechen‹ – mit ihren Augen, ihren Händen, mit ihrer Bewegung und mit ihrem ganzen Körper. Er hat seit über 20 Jahren eine Schule für meist 40 Kinder eingerichtet, um die sozial bedrohten Gehörschwachen zu schützen und zu fördern. Die Räumlichkeiten, die er dafür mit wenigen Mitteln mieten konnte, waren nicht nur prekär: sie waren miserabel. Er brauchte also mehr als eine Unterstützung für einzelne Schüler, er brauchte ein Schulgebäude mit Platz für ein dringend benötigtes Internat. Werner und Tanja Kinkel aus Bamberg haben mit ihrem ›Familien‹-Verein (Brot und Bücher) und vor allem mit der Spendenplattform des Bayerischen Rundfunks (Sternstunden) und auch mit Hilfe des ›Stern der Hoffnung‹ innerhalb eines einzigen Jahres eine einmalig schöne und modern ausgestattete afrikanische Schule für 50 Kinder aufgebaut – sie ist ein Juwel.

Ein Jahr später wirkte der Wandel der Kindergesichter wie ein Wunder. Aus Verzweiflung ist Jubel, aus Not Freude, aus Verachtung Stolz und Selbstachtung geworden – auch weil Medien zur Bildung zur Verfügung stehen. Die Kinder machen die staatlichen Grundschulexamen und können in Informatik ausgebildet werden. Aus den verstoßenen Kindern sind beneidete Kinder geworden. Die ersten Kids besuchen jetzt schon die Sekundarschule in Porto-Novo und absolvieren den zweiten Lehrgang für das Erlernen von Programmsprachen in der Informatik. Sie werden beruflich die Mauern des Schweigens durchbrechen.

Inzwischen bewähren sich auch die Stationen zur häuslichen Krankenpflege und zur Sozialarbeit, die Organisation von Frauengruppen im Kampf gegen die HIV-Übertragung, die Verbreitung der Früherkennung für gehörbedingte Beeinträchtigungen und die notwendige Gesundheitsaufklärung in den Elendsvierteln. Das Tabu, das tötet, wird mehr und mehr durchbrochen und in die offene Kommunikation der Gesellschaft geführt.

In Brasilien sind wir mit den Maßnahmen der neuen Regierung konfrontiert. Der Staat zeigt inzwischen eher weniger Interesse an der Linderung des Elends, der Förderung der unbedingt notwendigen Aufklärung, der Sozialarbeit in der Drogenszene und der Entwicklung der Medizin für Armutsgebiete. Es macht dagegen Mut, dass die vom ›Stern‹ mitgetragenen Werke sich nicht nur bewähren, sondern weiterentwickeln. Dank den Investitionen in die Wasserfabrik wird die Arbeit in Brasilien immer autonomer.

Es tut gut, auf solidem Fundament im Jahr 2020 weiter zu bauen – mit allen, die sich in Afrika und in Brasilien und hier durch die Gesamtentwicklung nicht entmutigen lassen.

Von Herzen Dankeschön!

Lisette Eicher

Stern der Hoffnung
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